Kollumne “Aus dem Gemeinderat” Zürich West
Kurz vor Weihnachten konnte man es wieder mal lesen: sogar die Stadt Zürich versucht aktiv Angestellte im nahen deutschsprachigen Ausland anzuwerben. In Süddeutschland und Österreich werden via Onlineinserate Lehrpersonen für die Stadt Zürich gesucht. Die Kampagne blieb zwar bisher erfolglos, zeigt aber wie verzweifelt nach Lehrpersonen gesucht wird. Dabei sind Lehrpersonen nur die Spitze des Eisbergs. Fachkräfte aller Art werden im Ausland gesucht und abgeworben.
Gleichzeitig berichtet die Sonntagszeitung vom 28.12. wie mittlerweile einige hundert deutsche Schülerinnen und Schüler trotz Wohnsitz in der Schweiz das Gymnasium in Deutschland besuchen. Es reicht also nicht, dass die Schweiz ausgebildete Fachkräfte in anderen Ländern rekrutiert, mittlerweile wird sogar die Ausbildung von Personen aus der Schweiz “ausgelagert”.
Wieder einmal tut sich die Schweiz als Rosinenpickerin hervor. Importieren ist schliesslich billiger als selber ausbilden. Schweizweit haben mittlerweile 29% der Personen zwischen 25 und 64 Jahren einen Hochschulabschluss. Bei den als SchweizerInnen geborenen Personen liegt der Anteil bei 26%, bei den nach Alter 16 eingewanderten AusländerInnen haben 41% einen Hochschulabschluss. In der Stadt Zürich haben bereits über 56% der Personen zwischen 25 und 64 einen Hochschulabschluss (alle Zahlen SAKE, BFS).
Und trotzdem liegt die Maturitätsquote in der Stadt Zürich und im Kanton Zürich unter 22%. Wenn man die Fach- und Berufsmaturität noch dazuzählt, sind es im Kanton Zürich 36%. Wen wundert es da, wenn immer mehr Personen mit einem Hochschulabschluss importiert werden müssen. Trotzdem wird im Kantonsrat jedes Mal wenn es darum geht die Maturitätsquote zu erhöhen das Hohelied der guten dualen Berufsbildung angestimmt. Und ja, natürlich kann man auch mit einer Lehre ein erfülltes Leben führen und natürlich kann man auch mit einer Berufsausbildung noch eine Hochschulbildung abschliessen. Dieses Bildungssystem produziert aber offensichtlich an der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt vorbei.
Die vorher angesprochenen HoheliedsängerInnen, welche jeweils mehr Investitionen in die Bildung verhindern, sind übrigens die selben, welche sich dann über die Zuwanderung auslassen und sich beklagen, dass die MigrantInnen den InländerInnen scheinbar ihren Job streitig machen. Für diesen metaphorischen Job sind diese InländerInnen aber gar nicht ausgebildet.
Die Schweiz schmarotzert sich also gleichzeitig an den Bildungsinvestitionen vorbei und hinterlässt eine Menge Personen, welche nicht mehr für den real existierenden Arbeitsmarkt ausgebildet sind. Hören wir auf damit. Es braucht mehr Investitionen in Bildung, nicht nur bei der Matura, aber auch dort.
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