In der Theorie stehen wir als Gemeinderäte und Gemeinderätinnen hierarchisch gesehen irgendwo schräg oberhalb der Stadtverwaltung. In der Realität ist aber die Verwaltung um einiges mächtiger als der Gemeinderat. Natürlich ist die Verwaltung in der Stadt Zürich den jeweiligen Stadträtinnen und Stadträten unterstellt und wir haben keinen direkten Einfluss auf die Verwaltung und keine Angst, ich werde jetzt hier weder diese Ordnung, noch die Zürcher Stadtverwaltung kritisieren. Ich erlebe die Zürcher Stadtverwaltung als ausgesprochen kundenfreundlich, wenn es um die kleinen Anliegen von mir und vermutlich auch von anderen Bewohnern und Bewohnerinnen von Zürich geht.
Aber unser Einfluss als Gemeinderäte und Gemeinderätinnen darauf, was in der Stadt Zürich im Grossen und Ganzen passiert ist erstaunlich beschränkt. Dafür gibt es zwei gewichtige Gründe:
Erstens haben wir keinen direkten Zugang zur Detailinformation, welche der Verwaltung zur Verfügung steht. Wir wissen auf Anhieb zum Beispiel nicht, dass die ganzen Eisenbahnlinien bei der Langstrassenunterführung von den schrägen Seitenwänden in den zu schmalen Fussgänger- und Velounterführungen getragen werden. Das unsere politische Forderung, dort endlich mehr Platz zu schaffen, technisch einige Herausforderungen mit sich bringt, ist also für uns erst durch die Erläuterungen der Verwaltung ersichtlich. Entsprechend lange dauert die Umsetzung unserer Forderung.
Zweitens ist der Gemeinderat ein Milizparlament, ja sogar ein Feierabendparlament. Wir sind ein Amateurverein und fachliche Kompetenz ist in diesem System im besten Fall ein glücklicher Zufall. Wenn ich als Gemeinderat zum Beispiel in der Kommission für Sicherheit und Verkehr sitze, so habe ich und auch die allermeisten meiner Kolleginnen und Kollegen keine Erfahrung mit der Planung von Verkehrsinfrastruktur. Sicher, man bildet sich stetig weiter, konsultiert Fachliteratur, besucht mal eine Tagung, aber im Gegensatz zur Verwaltung sind und bleiben wir keine Profis. Wir haben noch nie eine Schleppkurvenradius berechnet oder eine Verkehrssimulation gemacht und kennen uns auch nicht mit den Feinheiten der Signalisationsverordnung aus.
Wussten Sie zum Beispiel, dass es 30er Zonen und 30er Strecken gibt? In Tempo 30 Zonen gilt generell Rechtsvortritt, bei 30er Strecken kann der Rechtsvortritt dagegen entzogen werden. Wenn Sie das wussten, dann sind sie schon fast ein Experte oder eine Expertin. Nun zu den Details: In 30er Zonen müssen Fussgängerstreifen im Prinzip aufgehoben werden, in 30er Strecken hingegen nicht. Auch nicht aufheben muss man Fussgängerstreifen, wenn man eine 30er Strecke in eine 30er Zone umwandelt (SCHLUPFLOCHALARM). Solche Details sind es, welche unsere Arbeit zur Herausforderung machen. Dafür bleibt unsere Arbeit spannend.
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